Am Morgen des 2. April, ein Montag, treibt der 15-jährige Prem Narayan seine Rinder und Büffel auf die Weide im Wald. Heute morgen wagt er sich etwas tiefer als sonst in den Wald hinein, denn dort ist das Gras höher und saftiger. Wie immer sucht er sich einen schattigen Platz und beobachtet aufmerksam seine Tiere und die Umgebung. Er ist auf der Hut, denn er weiß, dass sich im Wald auch Nashörner mit ihren Jungen herumtreiben.
Plötzlich springt eine große Katze aus dem Gebüsch, aufgeschreckt von den grasenden Rindern. Prem Narayan erschreckt sich fürchterlich und sieht, dass die Katze etwas im Maul trägt, kann aber nicht erkennen, was es ist. Die Katze springt davon und verliert in ihrer Eile etwas am Bachlauf, ohne ihre Flucht abzubrechen. Als sie verschwunden ist, nähert Prem Narayan sich dem Bachlauf langsam und vorsichtig und findet ein junges Tier kopfüber im Wasser. Er zieht es am Schwanz heraus und trägt es nach Hause. Als ich am Nachmittag zur Farm aufbrechen will, steht ein fremder Junge vor der Tür. "Ich habe ein Tiger-Baby gefunden und heisse Prem Narayan," sagt er. Zuerst traue ich meinen Ohren nicht, aber Prem Narayan sieht nicht so aus, als ob ihm nach Scherzen zumute ist. Aufgeregt schlägt er vor, mit in sein Dorf zu kommen und das Tier anzuschauen. Kurzentschlossen fahren wir los. Im hinteren Hof des Anwesens liegt ein Leoparden-Baby und ist mit beiden Hinterbeinen an einen Pfeiler des Hauses angebunden. Der ganze Haushalt ist versammelt, 12-15 Erwachsene und Kinder stehen palavernd um uns herum. Der Kleine hat versucht, sich unter eine Bank zu verkriechen und dabei die Stricke so festgezurrt, dass es gar nicht so einfach ist, sie zu lösen. "Was machen wir jetzt?" frage ich Bola, unseren Mechaniker, der neben mir hockt. "Lass uns ihn erstmal losbinden", sagt er. Ich hebe das Junge auf, und Bola löst die Stricke. Wir fragen das Familienoberhaupt, ob wir das Tier mitnehmen sollen. Der alte Mann nickt sehr erleichtert. Jetzt haben wir einen neuen Gast auf der Farm. |
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Er hat himmelblaue Augen, ist sehr verängstigt und so schwarz und staubig, als wäre er in Asche geboren. Heißhungrig leckt er die angebotene Milch auf und verschlingt eine Handvoll rohes Hackfleisch mit Hühnerherzen. Er schläft auf einem strohgefüllten Jutesack in der Holzkiste, in der vor mehr als zwei Jahren Aga und Khan, unsere beiden Wildschweine, angekommen sind. |
Zwei Wochen später wiegt er 3 kg und kann seinen Besuchern schon mächtig Angst einflößen. |
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